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Der Versuch, sich am eigenen Zopf aus dem Sumpf zu ziehen

3.2 Streuamplituden

Der Wirkungsquerschnitt berechnet sich aus der Streuamplitude $T$ als

\begin{displaymath}
\sigma = \frac{1}{F} \vert T\vert^2 d\Gamma
\end{displaymath} (3.1)

wobei $F$ der Teilchenfluss ist und $d\Gamma$ der ,,Phasenraumfaktor''.

Im System, in dem das Targetteilchen ruht gilt: $F=m_t(E_s-m_s)$, wobei $E_s$ und $m_s$ Energie und Masse des gestreuten Teilchens sind, $m_t$ ist die Masse des Targetteilchens.

Der Phasenraumfaktor $d\Gamma$ ist das Mass aller Komponenten der 4-Impulse, mit der Einschränkung, dass das Quadrat des Impulses gleich der Masse des Teilchens ist und dass der Gesamtimpuls $p_{\rm tot}$ beim Streuprozess erhalten ist; für $N$ Teilchen gilt also:

\begin{displaymath}
d\Gamma^N = \delta^4 \left(\sum_{i=1}^N p_{(i)}-p_{\rm tot}\right)
\prod_{i=1}^N d^4 p_{(i)} \, \delta (p_{(i)}-m^2)
\end{displaymath} (3.2)

$\bullet$ Sehr schematisch können wir uns die Konsequenzen der Unitarität so klarmachen:

Die Unitarität der S-Matrix besagt, dass das Produkt der S-Matrix mit ihrem hermitisch Adjungierten gleich der Einheitsmatrix ist:

\begin{displaymath}
S^\dagger S = 1
\end{displaymath} (3.3)

Wenn die Streumatrix gleich der Einheitsmatix ist, $S=1$, so bedeutet dies, dass der Zustand nach der Streuung der gleiche ist wie vor der Streuung, d.h. es ist überhaupt nichts passiert. Ziehen wir die Eins von der S-Matrix ab, dann kommen wir zum interessanten Teil, der Streuamplitude, meist T-Matrix genannt:

\begin{displaymath}T=(S-1)/i \end{displaymath}

(die Division durch die imaginäre Einheit $i$ ist Konvention). Der Wirkungsquerschnitt ist proportional zu $\vert T\vert^2$, denn nur wenn $T \neq 0$, dann ist bei der Streuung etwas passiert.

Aus der Unitarität (3.3) folgt:


\begin{displaymath}
1=S ^\dagger S = (1+i T)(1-iT^\dagger)=1 +i(T-T^\dagger) + T T^\dagger
\end{displaymath} (3.4)

oder
\begin{displaymath}
T T^\dagger = \frac{1}{i} (T-T^\dagger)
\end{displaymath} (3.5)

Aus letzter Gleichung folgt das optische Theorem, dass nämlich der totale Wirkungsquerschnitt gleich dem Imaginärteil der Streuamplitude in Vorwärtsrichtung ist.

Bei aktuellen Rechnungen spielt die Phasenraumdichte der streuenden Teilchen natürlich noch eine wichtige Rolle.

$\bullet$ Sei $W$ stets die Gesamtenergie und $\theta$ der Streuwinkel im Schwerpunktsystem des Prozesses, d.h. in dem System, in dem beide zusammenstossende Teilchen gleichgrossen aber entgegengesetzt gerichteten Impuls haben.

Dann gilt für den Fall der pi-Meson-Nukleon-Streuung für den Impuls und die Energie der einzelnen Teilchen im $\pi^--p$ Schwerpunktsystem (Abb. 3.2.a):

$\displaystyle \vert\vec p_\pi\vert^2=\vert\vec p_p\vert^2$ $\textstyle =$ $\displaystyle \frac{1}{4 W^2}\sqrt{[(W^2-(m_p+m_\pi)^2]
[W^2-(m_p-m_\pi)^2]}$ (3.6)
$\displaystyle E_p$ $\textstyle =$ $\displaystyle \frac{1}{2 W}\sqrt{W^2+m_p^2-m_\pi^2},
~~~E_\pi=\frac{1}{2 W}\sqrt{W^2+m_\pi^2-m_p^2}$ (3.7)

und es gilt für die Mandelstam-Variablen:
$\displaystyle s$ $\textstyle =$ $\displaystyle (p_{\pi^-} + p_p)^2 =({p_{\pi^-}}' + {p_p}')^2=W^2,$ (3.8)
$\displaystyle t$ $\textstyle =$ $\displaystyle (p_{\pi^-}-{p_{\pi^-}}')^2= ({p_p}-{p_p}')^2=-2 \vec
p_\pi\,^2(1-\cos \theta)$ (3.9)

Für den Fall der Proton-Antiproton-Vernichtung in 2 $\pi$-Mesonen, Abb. 3.2 b gilt :

$\displaystyle \vert\vec p_\pi\vert$ $\textstyle =$ $\displaystyle \frac{1}{2 W}\sqrt{W^2-4m_\pi^2},~~~
\vert\vec p_p\vert = \frac{1}{2 W}\sqrt{W^2-4m_p^2}$ (3.10)
$\displaystyle E_p$ $\textstyle =$ $\displaystyle E_\pi=\frac{W}{2 }$ (3.11)

Die Mandelstam Variablen für diesen Vernichtungsprozess sind:

$\displaystyle t$ $\textstyle =$ $\displaystyle (p_p+p_{\bar p})^2= (p_{\pi^-}-{p_{\pi^+}})^2=
W^2$ (3.12)
$\displaystyle s$ $\textstyle =$ $\displaystyle (p_p-p_{\pi^+})^2 =(p_{\bar
p}-p_{\pi^-})^2$ (3.13)
  $\textstyle =$ $\displaystyle m_p^2+m_{pi}^2-\frac{1}{2}\bigg(W^2-\sqrt{[W^2-4 m_p^2][W^2-4
m_\pi^2]}\cos \theta\bigg)$  

($W$ und $\theta$ beziehen sich auf das Schwerpunktsystem des Protons und Antiprotons)

Der Graph von Abb. 3.2.c hat für die pi-Meson-Nukleon-Streuung den Polterm, vg. (3.8):

\begin{displaymath}\frac{1}{s-m_n^2} =
\frac{1}{(p_\pi+p_p)^2-m_n^2} =\frac{1}{W^2-m_n^2}. \end{displaymath} (3.14)

Für die Vernichtung von Proton und Antiproton lautet der Polterm, vgl. (3.12):

\begin{displaymath}
\frac{1}{(p_p-p_{\pi^+})^2-m_n^2} =\frac{1}{m_p^2+m_\pi^2-
\...
...(W^2-\sqrt{[W^2-4 m_p^2][W^2-4m_\pi^2]}\cos\theta\bigg)-m_n^2}
\end{displaymath} (3.15)

wobei sich nun $W$ und $\theta$ auf das Schwerpunktsystem des Protons und Antiprotons beziehen.

3.4 Strenge Theoreme und komplexe Drehimpulse

Aus der axiomatischen Feldtheorie folgt für den totalen Wirkungsquerschnitt zweier Hadronen die Froissart-Martin Schranke:


\begin{displaymath}
\sigma \leq \frac{\pi}{m_\pi^2} \Big(\log(W^2/W_0^2)\Big)^2
\end{displaymath} (3.16)

wobei $W_0$ allerdings unbestimmt ist.

$\bullet$ Bei der Fortsetzung der Drehimpulse ins Komplexe ist der entscheidende Punkt, dass man die Summe über alle Partialwellen mit Hilfe des Residuensatzes in ein Integral verwandelt und dann nach Deformation des Integrationsweges die unendliche Summe durch einige Polterme ausdrückt.

$\bullet$ Die Veneziano Amplitude für die elastische Streuung von 2 gleichen Teilchen der Masse $m$ ist:


\begin{displaymath}
A(s,t)= B(-\alpha (s),-\alpha (t))+B(-\alpha (s),-\alpha (u))B(-\alpha (t),-\alpha (u))
\end{displaymath} (3.17)

wobei die Eulersche Beta-Funktion $B(x,y)$ gegeben ist durch die Gamma-Funktionen:


\begin{displaymath}
B(x,y)= \frac{\Gamma (x)\Gamma (y}{\Gamma (x+y)}
\end{displaymath} (3.18)

und $u= 4 m^2 - s - t$, und $\alpha (s)= \alpha .\,s + \alpha (0)$ ist die Regge-Trajektorie.

Diese Amplitude hat Pole wenn die Trajektorien ganzzahlige Werte annehmen und auch das richtige asymptotische Verhalten, wie man nach der Stirling-Formel ausrechnen kann.


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Hans-Guenter Dosch
2004-11-21